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RedeVeröffentlicht am 13. Dezember 2025, aktualisiert am 16. Dezember 2025

Tag des Jodelns

Schwyz, 13.12.2025 — Rede von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider anlässlich des Tages des Jodelns in Schyw. Es gilt das gesprochene Wort.

Ich freue mich, heute hier im Mythenforum bei Ihnen zu sein. In diesem innovativen Gebäude vor der überwältigenden Kulisse der Mythen, die Millionen von Jahren alt sind. Moderne und Ewigkeit, ineinander verschachtelt wie das Mythenforum:Das ist der Geist der Innerschweiz.

Ich freue mich natürlich ganz besonders, weil es heute etwas zu feiern gibt. Das Jodeln wird in die «Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes» der UNESCO aufgenommen. Ich würde diesen Satz jetzt gerne mit einem freudigen «Jutz» beenden. Aber da ich heute nicht an den «zämä jodle»-Workshops teilnehmen konnte, ist es wohl besser, ich verzichte. Bei den zwei anderen Programmpunkten des heutigen Anlasses bin ich jedoch mit vollem Engagement dabei, denn die beherrsche ich: «zäme rede» und «zäme fiirä»!

Was löst das Jodeln eigentlich in uns aus? Wehmut? Eine tiefe Verbundenheit mit der Natur? Oder ist es widersprüchlicher? Ist es eine freudige Melancholie? Oder alles gleichzeitig? Was ich mit Sicherheit sagen kann: Das Jodeln lässt niemanden ungerührt. Es trifft uns tief im Herzen. Schon erstaunlich, oder? Wie eine so winzige Kippbewegung im Kehlkopf den Menschen in seinem Innersten berühren – und ja, sogar verändern kann.

Gibt es ein kraftvolleres Argument für den Stellenwert von Kultur in unserem Leben? Kultur verändert uns, indem sie die Welt etwas grösser macht, den Horizont etwas weitet. Das Jodeln lässt uns mitfühlen, mitschwingen – mit Klängen, mit Menschen, mit Geschichten, die nicht unsere eigenen sind. So entsteht Gemeinschaft.

Weil jede und jeder von uns – ob in der Stadt, in der Agglomeration oder auf dem Land ob jung oder älter – ein Echo sucht, eine Resonanz. Ich bin überzeugt: Das Jodeln ist ein Kulturerbe mit Zukunft, denn es ist uralt und doch hoch modern. Eine lebendige und sich stetig verändernde Tradition – die uns mühelos mit unserer Geschichte, mit der Natur und mit der Spiritualität verbindet. Ein bisschen wie eine Muttersprache.

Eine Tradition zugleich, die offen ist für neue Formen, neue Stimmen, neue Interpretationen. Exemplarisch dafür ist der Master-Studiengang der Hochschule Luzern im Jodeln. Dieses Studium schlägt den Bogen zwischen volkstümlicher Tradition und akademischer Exzellenz. Die in Luzern geschulten Musiklehrerinnen und Musiklehrer werden einen wichtigen Beitrag leisten, dass das Jodeln den Sprung zur nächsten und übernächsten Generation schafft.

Im Jodeln zeigt sich auch beispielhaft, wie wichtig die Amateurkultur hierzulande ist – sie schafft Räume der Begegnung, stärkt den sozialen Zusammenhalt und ermöglicht kulturelle Beteiligung für alle: In Vereinen und Chören, in Familien und lokalen Gemeinschaften.

Die Zukunft des kulturellen Lebens muss heute mehr denn je erobert werden – gegen die Bequemlichkeit der amüsanten Berieselung, die wir ja alle kennen… Ermutigende Entwicklungen gibt es jedenfalls: Jugendchöre, neue Ausbildungswege und kreative Projekte stärken die Präsenz des Jodelns unter jungen Menschen und fördern eine zukunftsorientierte Entwicklung. Das Programm «Jugend und Musik» des Bundesamtes für Kultur leistet einen wertvollen Beitrag, indem junge Menschen Zugang zu musikalischer Bildung erhalten – auch zum Jodeln.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch den Beitrag der SRG für die Vermittlung der Volkskultur. Sie bringt die Menschen in unserem Land täglich mit dem Jodeln in Berührung, beispielsweise auf Radio SRF Musikwelle. Und wenn sich am Jodlerfest die besten Interpretinnen und Interpreten des Landes messen, lässt die SRG die Öffentlichkeit daran teilhaben.

Auch deshalb lehnt der Bundesrat die Halbierungsinitiative, die im März zur Abstimmung kommt, ab: Wer eine starke, breite und lebendige Volkskultur will, der muss auch die Medien stützen, die die Volkskultur zelebrieren. Zukunft braucht Herkunft – aber Herkunft braucht auch Zukunft, sonst verblasst sie immer mehr und verschwindet irgendwann. Die Aufnahme in die UNESCO-Liste ist deshalb nicht nur eine Anerkennung – sie ist auch eine Einladung, dem Jodeln eine starke Zukunft zu geben.

Das Jodeln ist nicht nur ein Klang der Vergangenheit. Es ist ein Klang der Gegenwart, ein Klang der Zukunft. Die Aufnahme in die UNESCO-Liste ist deshalb nicht nur eine Anerkennung – sie ist auch eine Einladung, dem Jodeln eine starke Zukunft zu geben.