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MedienmitteilungVeröffentlicht am 20. November 2025

Social Media: altersgerechter Zugang und Regeln statt Verbote

Bern, 20.11.2025 — Das Recht auf Schutz steht bei der Diskussion um Social-Media-Verbote oft im Vordergrund. Wenig erwähnt werden die in der UN-Kinderrechtskonvention gleichwertig genannten Rechte auf Befähigung und Teilhabe sowie auf Zugang zu Information und Bildung. Die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) bringt sich mit einem Positionspapier zur aktuellen Debatte um Social-Media-Verbote ein. Sie plädiert für partizipativ erarbeitete Regeln statt pauschaler Verbote, sowie für die Förderung von Medienkompetenz und eine gesetzliche Regulierung der grossen Online-Plattformen.

Die Diskussion um Social Media und ihren Einfluss auf Jugendliche hat in den letzten Jahren stark an Intensität gewonnen. Die öffentliche Debatte fokussiert dabei auf gesetzliche Verbote oder fordert, dass Kinder und Jugendliche nur noch eingeschränkt soziale Medien nutzen dürfen. Damit sollen sie vor schädlichen Inhalten geschützt und somit ihr Recht auf Schutz und Unversehrtheit garantiert werden.

Kinderrechte haben auch online Gültigkeit

Die UN-Kinderrechtskonvention beinhaltet neben dem wichtigen Recht auf Schutz jedoch auch das Recht auf altersgerechten Zugang zu Information und Bildung sowie das Recht auf Teilhabe an digitalen Angeboten. Sie hält überdies fest, dass die Meinung von Kindern und Jugendlichen in allen Angelegenheiten, die sie betreffen, angemessen berücksichtigt werden muss. Darum plädiert die EKKJ in ihrem neusten Positionspapier dafür, dass gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen klare Regeln und Leitlinien zur Mediennutzung entwickelt werden sollen, die ihrem Entwicklungsstand und ihrem Lebenskontext ensprechen. Generelle Verbote hingegen schränken die Handlungsfähigkeit der Eltern wie auch der Kinder unnötig ein.

Räume und Gelegenheiten für das Erlernen notwendiger Kompetenzen

Erhalten die Kinder Raum und Gelegenheit, sich mit der Thematik der Mediennutzung zu befassen, üben sie, sich sicher, selbstbestimmt und kritisch in der (digitalen) Welt zu bewegen. Nebst dieser Medienkompetenz gehören dazu auch Urteilskraft, Dialogfähigkeit und Kompromissbereitschaft – Grundfertigkeiten für demokratische Teilhabe. Niederschwellige Angebote, die praktische Erfahrung, Reflexion und kreativen Umgang mit digitalen Medien ermöglichen, sind hierbei essenziell. Die Förderung politischer Bildung, von Medienkompetenz, Selbstregulation und anderen Sozial- und Selbstkompetenzen, bei Kindern und Jugendlichen muss alters- und entwicklungsangemessen gestaltet sein. Wichtig dabei ist, die begleitende Unterstützung durch Erwachsene, namentlich Eltern, Lehrkräfte und weitere Bezugspersonen, sicherzustellen. Sie müssen als Schlüsselpersonen miteinbezogen werden, wenn es darum geht, diese Kompetenzen der Kinder zu fördern.

Social Media und psychische Gesundheit

Die Auswirkungen der Nutzung von Social Media auf die psychische Gesundheit sind komplex und müssen differenziert betrachtet werden. Effekte auf die psychische Gesundheit können positiv oder negativ ausfallen, abhängig sein von Quantität, Qualität und Kontext der Nutzung. Sie können sich auch je nach Person und Plattform unterscheiden. Es gibt keine einfache Antwort auf eine komplexe Fragestellung. Die Kompetenzen im Umgang mit Social Media und Smartphones sowie zur Selbstregulation sollen gestärkt werden. Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachpersonen müssen befähigt werden, nicht nur die Risiken im Zusammenhang mit Social Media zu erkennen und einzuordnen, sondern vor allem auch die Vorteile und Möglichkeiten von Social Media zu nutzen. Es geht darum, das Selbstvertrauen und die soziale Teilhabe zu fördern, das Wohlbefinden mit Wissen über psychische Gesundheit zu stärken und die vorhandenen Hilfs- und Unterstützungsangebote zu kennen.

Algorithmen beeinflussen die Nutzung von Social Media

Neben dem Erwerb von Kompetenzen und Kenntnissen, betont die EKKJ die Wichtigkeit, auch Plattformbetreiber in die Pflicht zu nehmen. Algorithmen verfolgen und interpretieren die Interessen und Verhaltensweisen der Nutzerinnen und Nutzer. Diese Erkenntnisse werden zur Gestaltung der Anwendungen und Inhalte auf intransparente Art und Weise verwendet. Die marktorientierte Logik der Onlineplattformen zielt darauf ab, die Nutzungsdauer zu maximieren und die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer unabhängig von deren Alter zu binden. Es braucht deshalb Transparenzpflichten für die Plattformbetreibenden und eine stärkere Regulierung von Online-Plattformen mit klaren gesetzlichen Vorgaben. Die EKKJ wird sich im Rahmen der Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen (KomPG) zu diesem Thema einbringen.

Die Gewährleistung von sicheren Rahmenbedingungen auf gesetzlicher Ebene ist eine Massnahme, die allen Kindern und Jugendlichen gleichermassen zugutekommt.

Die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen EKKJ ist eine ständige ausserparlamentarische Kommission. Sie wurde am 5. Juni 1978 vom Bundesrat eingesetzt und berät diesen in kinder- und jugendpolitischen Belangen.

Als Fachkommission nimmt die EKKJ eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion wahr. Sie stellt spezifisches, interdisziplinäres Fachwissen im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik sicher, auf das die Bundesbehörden zurückgreifen können.

Die EKKJ hat gemäss Artikel 22 Kinder- und Jugendförderungsgesetz KJFG folgende Aufgaben:

  • Sie berät den Bundesrat in kinder- und jugendpolitischen Belangen.
  • Sie beobachtet die Situation der jungen Generation in der Schweiz, zeigt Entwicklungen auf und schlägt bei Bedarf Massnahmen vor.
  • Sie prüft regelmässig, ob mit dem KJFG der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen genügend Rechnung getragen wird.
  • Sie begutachtet kinder- und jugendpolitisch wichtige Bundesgesetze und Verordnungen vor ihrem Erlass auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche.
  • Sie sensibilisiert die Öffentlichkeit für die Anliegen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen. Sie berücksichtigt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Aspekte des Schutzes, der Förderung und der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in einem ausgewogenen Verhältnis.

Links:

Positionspapier EKKJ «Social Media verbieten? Vermeintliche Lösung für ein komplexes Problem»